Tafelbild
Frühwerk
Bereits das erste große Tafelbild, das “Bildnis auf goldenem Grund”, wurde mit dem begehrten Rompreis der Akademie ausgezeichnet. Es zeigt ein Frauenportrait mit lyrisch-märchenhaftem Grundakkord, ein Bildnis, das im Ausdruck des seelischen Empfindens den Frauenportraits der Hochrenaissance nahe kommt. Dieses Portrait seiner Braut ist typisch für die meisten Frauenbildnisse im Œuvre R. H. Eisenmengers. Auch Gesichtern von anderen Modellen fehlt oft die physiognomische Distanzierung hievon, sie werden diesem Antlitz ähnlich. Das dem Künstler sehr wertvolle Bild wurde 1945 entwendet, erhalten ist nur eine erste Fassung aus 1928, die der Künstler nach Kriegsende überarbeitete.
Die Zeitwahl der “Dämmerstunde”, das Wechselspiel zwischen Licht und Dunkelheit, ist für den Künstler in seinem ganzen Schaffen wichtig. In einem vom Künstler gehaltenen Vortrag “Geheimnis des künstlerischen Schöpfungsaktes” spricht er über die Signifikanz der Dämmerstunde in seinem Werk: “Im Übergang vom Tag zur Nacht, vom Hellen zum Dunkeln, vom Aktiven zum Passiven und vom Wachsein zum Schlaf und zu neuem Erwachen, vom Leben zum Tod, fühlt man am stärksten, daß man in dieser Welt nicht allein ist, daß es über einem noch etwas gibt, nach dessen Willen sich alles erfüllt, und daß über unserem Leben noch eine andere Daseinsform existiert, der wir auf der Brücke der Dämmerung begegnen. Diese Begegnung darf nicht als Schwärmerei ausgelegt werden, sie ist viel realer, sie verleiht einem eigentlich jene schöpferischen Kräfte, die für die Bildgestaltung mitverantwortlich sind. Sie reicht von naturalistischen Bildvorstellungen bis zu Struktur- und Farbgebilden, zu Formationen in rhythmischer Ordnung, die genauso “Natur” sind beziehungsweise zu Schöpfungen der Natur gehören, nur daß sie tiefer hinuntergreifen, bis an die Wurzeln.”
In R. H. Eisenmengers bekanntestem Werk der frühen Vierzigerjahre “Die Nacht begleitet den Morgen” erleben wir in einer unvergleichlichen Seelenatmosphäre die volle Signifikanz der Dämmerstunde, wie sie uns der Künstler mitteilen möchte: den Wechsel von der Nacht zum Tag, den Wandel vom Dunkel zur Helle. Dieser Mitteilung ist alles untergeordnet. Für diese Darstellungen lyrischen Gedankeninhalts wurde die allegorische Interpretation nicht nur zur Demonstration abstrakten Inhalts gewählt, sondern sie bieten auch eine Gelegenheit, das Schönheitsempfinden des Betrachters zu wecken. Rekapituliert man das künstlerische Schaffen der Dreißiger- und Vierzigerjahre, so sind es genau diese Tafelbilder, die retrospektiv der kritischen Beurteilung standhalten. Gerhard Schmidt führt daher mit Referenz auf diese Periode aus: “So mag es genügen, hier auf die schönen Allegorien R. H. Eisenmengers hinzuweisen, die – stand man ihnen in einer Ausstellung gegenüber – dank ihrer zeitentrückten Thematik und ihrer künstlerischen Qualität die Propagandamalerei dieser Jahre tröstlich vergessen ließen.”