Biografie
Rudolf Hermann Eisenmenger
1902–1994
1902
Rudolf Hermann Eisenmenger wurde am 7. 8. 1902 in Piskitelep/Ungarn (heute Simeria/Rumänien) geboren und wuchs in Hermannstadt/Siebenbürgen (heute Sibiu/Rumänien) auf. Nach rumänischen Übergriffen 1917–20 auf das Sanatorium seines Vaters (Erfinder des Biomotors, der ersten Eisernen Lunge) auf der Flucht, emigriert 1921 mit seinen Eltern nach Wien und beginnt sein Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Prof. Hans Tichy sowie Prof. Rudolf Bacher.

1927
Er erhält während dieser Zeit mehrere Akademiepreise wie 1923 Lampi-Preis, 1925 Kleber-Preis, 1926 und 27 Meisterschulpreis und 1929 den begehrten Rompreis (Jahres-Staatsreisestipendium) für das „Bildnis auf goldenem Grund” und einen Tapissereientwurf „Tageszeiten”. Er wird anschließend freischaffender Künstler in Wien und fertigt hauptsächlich Ölbilder, Teppichentwürfe, architekturgebundene Werke und Zeichnungen.

1933
Eisenmenger wird 1930 jüngstes Mitglied des Wiener Künstlerhauses, die erste Ausstellung 1930 bringt bereits internationale Würdigung, 1932 gelingt ihm der große Durchbruch mit 32 ausgestellten Werken. Ab April 1933 Künstlerhaus-Funktionär, beteiligt sich an weiteren Ausstellungen, wofür er Preise erhält, u.a. 1936 Goldene Ehrenmedaille des Künstlerhauses Wien für das Ölbild “Sinkende Nacht”, das von Prof. Carl Moll für die Biennale in Venedig 1936 ausgewählt wurde.
Eisenmenger hat bereits seinen eigenen Stil entwickelt, geprägt vom traditionellen klassischen und romantischen Element. Er wird 1936 als Vertreter Österreichs für die Olympischen Spiele nominiert und erhält die Silberne Medaille im letzten olympischen Kunstwettbewerb Berlin für das Bild “Läufer vor dem Ziel” und als Anerkennung dafür das Österr. Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse und den Preis der Stadt Wien. Ausstellungen in den USA, Berlin und Polen. 1937 österreichischer Juror und Aussteller im Haus der Deutschen Kunst in München. 1938 abermals Biennale Venedig und Preis der Stadt Wien.

1942
Im Dezember 1938 wird er provisorischer Leiter des Wiener Künstlerhauses. Um zu verhindern, daß das Naziregime einen externen, politisch aktiven Leiter installiert, drängen ihn seine Künstlerkollegen, als prominentester Künstler der Zeit den Vorsitz zu übernehmen, nach zweimaliger Absage stimmt er mit 1. 6. 1939 doch zu. In dieser Funktion verhindert er die Zerstörung der Porträts jüdischer Stifter des Künstlerhauses und setzt sich mit großem menschlichen und finanziellen Einsatz für die durch das Regime in Not geratenen Künstler ein — z. B. überläßt Eisenmenger die ihm zustehende Funktionspauschale als Leiter des Hauses von monatlich RM 200,- dem aus rassistischen Gründen mit Arbeitsverbot belegten Altpräsidenten Hegenbarth. Werke “entarteter Kunst” (Kokoschka, Schiele, Hauser) konnten durch Deponieren im Souterrain vor dem Zugriff der Gestapo gerettet werden. Eisenmenger beschäftigt illegal für das Archiv und den Pressedienst den bekannten Regimegegner Dr. Ankwicz-Kleehoven, der offiziell Schreibverbot hatte. (Literatur #1 — Dr. Aichelburg). Im Künstlerhaus konnte die Einrichtung einer Munitionsfabrik und damit Kriegszerstörungen verhindert werden. Die hauseigenen Ausstellungen der Kriegszeit widmeten sich vorrangig dem Thema Österreich und Wien. Die Ausstellung “Junge Kunst im Deutschen Reich” wurde auf behördliche Weisung (Baldur von Schirach) vorzeitig am 7. 3. 1943 geschlossen — sie war zu modern.
Eisenmengers Werke dieser Zeit sind bereits vorwiegend dem Thema “Begegnung von Menschen” gewidmet (“Nacht begleitet den Morgen” 1941, “Drei Frauen am Brunnen” 1943), das in der Folge bis zu seinem Lebensende sein gesamtes Werk durchzieht. 1942 Albrecht-Dürer-Preis.

1944
1945 erhält Eisenmenger Arbeitsverbot und wird aus dem Wr. Künstlerhaus ausgeschlossen. Aufgrund des Einsatzes seiner Kollegen für seine Rehabilitierung und der persönlichen Bürgschaft von Stadtrat Dr. Viktor Matejka für seine Integrität wird er 1947 wieder aufgenommen und das Arbeitsverbot aufgehoben. In der Wiederaufbauzeit ist er bei öffentlichen Ausschreibungen oft erfolgreich und erhält bei mehreren Wettbewerben den 1. Preis. Beim Wiederaufbau der Wr. Staatsoper durch Arch. Prof. Boltenstern in klassizistischer Prägung wird Eisenmenger mit Teilen der künstlerischen Ausgestaltung beauftragt. 1950 fertigt er die 54 Kartons (Vorlagen für die Weberei) zum großen Tapisserienzyklus “Zauberflöte” im sogenannten Gobelinsaal der Wr. Staatsoper an. Dies wird mit 171 m² das Hauptwerk der ehemaligen Manufaktur in der Wr. Hofburg, Eisenmengers Tapisseriewerk wird international als maßgeblich für die Wiederbelebung der österr. Tapisseriekunst des 20. Jahrhunderts gewürdigt.

1945
1954/55 werden zur Gestaltung des Eiserner Vorhang der Wr. Staatsoper (170 m² zu gestaltende Fläche) drei anonyme Konkurrenzen ausgeschrieben, an denen sich 16 österr. Künstler mit 78 Entwürfen beteiligen. Eisenmenger gewinnt alle drei Wettbewerbe, die lyrische Szene “Orpheus und Eurydike” dargestellt in klassischer Monumentalität und Geschlossenheit der Form auf Goldgrund wird von einer prominenten Jury ausgewählt und vom Künstler als Harzöl-Mischtechnik-Gemälde auf vergoldeter Leinwand innerhalb von 4 Monaten selbst ausgeführt.
Die Finanzierung erfolgt unter Mithilfe der österreichischen Bevölkerung (Spende von Goldplättchen für den Wiederaufbau der Oper). Die Staatsoper gilt als Symbol für Wiederaufbau und Wiedergeburt Österreichs (1955 Unterzeichnung des Staatsvertrages, Beginn der Unabhängigkeit der 2. Republik — Wiedereröffnung der Oper). Der Vorhang ist das größte malerische Kunstwerk dieser Zeit und international unbestritten Hauptwerk der Nachkriegsepoche. Gerade wegen dieser Bedeutung lancierten 1954 verschiedene Interessens- und rivalisierende Künstlergruppen diffamierende Pressemeldungen, die zu einer Verbitterung und Öffentlichkeitsscheu des Künstlers führen. Erst nach seinem Tod, als 1997 erneut Verleumdungen verbreitet werden, um das Werk zu zerstören, wird mithilfe von Historikern durch Dokumente aus offiziellen historischen Archiven jede der Behauptungen als Erfindung entlarvt.

1965
In den Jahren 1950–1953 ist Eisenmenger Preisrichter der Stadt Wien, 1963–72 Mitglied der Kunstkommission der Universität Wien als künstlerischer Beirat. 1951–72 Professor an der Techn. Hochschule Wien (heute TU), Senator und Dekan. Für seine Tätigkeit für den Wiederaufbau erhält er zahlreiche Auszeichnungen, z.B: 1957 Österr. Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, 1972 “Goldener Lorbeer” des Künstlerhauses Wien, 1973 Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Er erhält öffentliche Aufträge in den Gattungen Tapisserie, Mosaik und Sgraffiti sowie zahlreiche Porträtaufträge. Nach dem plötzlichen frühen Tod seiner Frau „Giggi” 1959 lebt er zurückgezogen und vollendet die bedeutendsten Tafelbilder der Reifezeit, die er nicht mehr für Ausstellungen, sondern für sich selbst, Freunde, private Sammler und die Familie malt.

1990
Eine drohende Erblindung wird 1971 durch eine erfolgreich verlaufene Augenoperation abgewehrt und ermöglicht ihm die Wiederaufnahme seiner Arbeit. Es entsteht danach in 23 Lebensjahren ein künstlerisch wertvolles, symbolhaltiges und expressives Spätwerk mit leuchtenden Farben und kräftigen Komplementärkontrasten. Rudolf Hermann Eisenmenger stirbt 92-jährig am 3. November 1994 in Wien.
Sein Werkekatalog in einer Dissertation von Maria Missbach am Kunsthistorischen Institut der Uni Wien umfaßt mit Stand 1986 2.833 Arbeiten in den verschiedenster Techniken, die Aufarbeitung des Nachlasses erweitert diese Zahl auf fast 4.000 Werke aus 66 Schaffensjahren.